Eiskalt

Egal, welche Temperatur das Thermometer zeigt, das Schwimmen im See am Sonntag Morgen ist ein fester Bestandteil des Wochenendes. Früh aufstehen, je nach Wetterlage mit dem Fahrrad oder dem Auto zum See fahren, ans Ufer laufen, die Hüllen fallen lassen und mit der noch vorhandenen Bettwärme, ohne nachdenken, einfach eintauchen. Das Kribbeln auf der Haut spüren, die Atmung regulieren und dann die Ruhe des Sees einfach genießen. Besonders schön ist es, wenn du in den Nebel über den See hineinschwimmen kannst. Alles verschwindet, wird in Watte gepackt, entrückt. Wir bleiben solange, wie wir uns gut fühlen. Keine Vorgaben, keine Vergleiche, kein Wettkampf. Meist verlässt unser Hund zuerst das Wasser und fordert uns dann mit lautstarkem Bellen auf, nachzukommen. Dann kommt der Moment, wenn du auftauchst aus dem Wasser, über den eiskalten Boden läufst, mit klammen Fingern das Handtuch greifst und dich abtrocknest. Die Haut ist jetzt richtig gut durchblutet und brennt. Dann der Versuch, mit steifen Fingern und etwas steifen Gliedern in die Kleidung zu steigen. Das kann schon mal längern dauern. Aber dann kommt das irre Gefühl, wenn die Wärme in den Körper zurück kommt, wenn dein Kreislauf auf Hochtouren arbeitet und jede Menge Glückshormone ausgeschüttet werden. Auf dem Heimweg steigt die Vorfreude auf einen heißen Tee und eine Tasse heißen Kaffee. Ich beobachte mich, wie viel präsenter diese Momente für mich sind. Wie intensiv ich diese, sonst so selbstverständlichen, Momente aufsauge. Das Freiwasserschwimmen hat für mich nicht nur meditativen Charakter. Meine Körpertemperatur-Regulierung scheint auch besser zu funktionieren, ich ertrage nicht nur Kälte besser. Auch hohe Temperaturen kann ich leichter ausgleichen. Es ist vieles so selbstverständlich geworden, ich arrangiere mich leichter und schneller mit Veränderungen. Ein liebgewonnes Ritual, das ganz zufällig entstand und mein Leben so bereichert hat.